Wir befinden uns auf dem Truppenübungsplatz Bergen. Das Unterstützungsbataillon Einsatz 1 – ein Infanterie-Verband, bestehend nur aus Reservisten und Teil der Divisionstruppen der 1. Panzerdivision – übt hier an einem elend heißen Sommerwochenende im August. Der Samstag steht ganz im Zeichen von TCCC oder TCCC (Neu-Militärdeutsch für Tactical Combat Casualty Care, früher einmal Selbst- und Kameradenhilfe).
„Unser Kernauftrag ist die Sicherung des Divisionsgefechtsstands“, erklärt der Kommandeur Oberstleutnant Marco Wolfermann, „dazu müssen wir infanteristisch kämpfen können und wo es Kampf gibt, gibt es Verluste und Verwundete. Darum ist es mir wichtig, immer und immer wieder TCCC in die Ausbildung mit einzubeziehen“.
Zuständig dafür ist das MTT (military training team) San des Bataillons, ein eingespielter Haufen von ungefähr zehn Soldatinnen und Soldaten. Ein Oberstabsarzt ist dabei, ein Medizinstudent, eine Krankenschwester, einige Rettungs- und Notfallsanitäter, eine Aktive der Seedorfer Fallschirmjäger und andere. Gemeinsam zaubern sie intensive Ausbildungen aus dem Hut, Sanitätsmaterial, Szenarien, EEH (Einsatz Ersthelfer)-Seminare und mehr. Fahnenjunker E., der Medizinstudent, sagt „die Medizin ist meine erste Liebe, die Infanterie die zweite. Hier kann ich beides verbinden und mir gleichzeitig Ausgleich zum Klinikalltag verschaffen“. Dieser Ausgleich heißt jetzt bei über 30 Grad mit nicht viel Schatten, Verwundetentransport und -versorgung, Szenarien durchspielen, anleiten, verbessern, schwitzen und üben, üben, üben.
„Das ist der Schlüssel zum Erfolg“, bemerkt Oberstabsarzt Dr. R., „je mehr wir üben, desto mehr verinnerlichen wir die Vorgänge und können uns selbst und gegenseitig bei Verwundung besser helfen“. Einer der Auszubildenden nickt und fügt nachdenklich hinzu: „Die Ukraine zeigt uns gerade, wie wichtig TC3 ist. Die Prozesse müssen dabei genauso sitzen wie ganz konkret die Handgriffe und das Tourniquet. Gut, dass wir das hier so intensiv üben können, auch – und vielleicht gerade – wenn ich klatschnass geschwitzt und hundemüde bin“.
„Und das ist der springende Punkt“, ergänzt der Kommandeur, „unser MTT San ist ein Brett und ich werde zusammen mit ihm die gesamte Sanitäts-Ausbildung noch ausweiten. Das Warten auf der Schießbahn werden wir so z.B. umwandeln in San-Übungslagen. Dann platzt vielleicht einmal eine Artilleriegranate in der Nähe einer wartenden Gruppe und die Soldaten müssen auf Verwundungen reagieren. Leerlauf adé“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Mittlerweile ist der Oberarmdurchschuss im Wald versorgt, der Schock bekämpft, der 9-Liner per Funk an Oberstabsarzt Dr. R. abgesetzt und der Verwundetenabtransport eingeleitet. Der „verletzte“ Fahnenjunker E. macht sich das Tourniquet ab, gibt Tipps und bewertet Reaktionen, und reiht sich mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht in das nächste Rennen ein.
Text: Matthias H. / Bilder: Raffael E.
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